Literaturverarbeitung
Literaturverarbeitung kommt in verschiedenen Phasen des Studiums
zur Anwendung. Zentral ist sie nicht nur beim Verfassen einer
wissenschaftlichen Arbeit, sondern insbesondere auch bei Prüfungsvorbereitungen,
wo ebenfalls grosse Literaturmengen durchgearbeitet
und strukturiert werden müssen. Um sich nicht in der
Menge an wissenschaftlicher Literatur zu verlieren, empfiehlt sich
eine rasche und strukturierte Auswahl an Literatur, die Brauchbares
von Überflüssigem trennt.
Aufgabe zur Verwendung von Suchoperatoren
Stellen Sie sich vor, Sie schreiben eine Arbeit zum Thema ‹Landraub›/‹Land Grab› in
einem
afrikanischen Land Ihrer Wahl. Suchen Sie hierzu fünf passende Quellen und verwenden
Sie
dabei verschiedene Portale.
Tipp: Erinnern Sie sich an die Suchoperatoren. Scheuen Sie sich nicht davor neue,
fachbezogene Plattformen zu finden und zu nutzen.
Denken
Man kann drei Arten des Denkens unterscheiden:
- Nachdenken: Gelesenes wird durchdacht und angeeignet.
- Logisches Denken: Aus gegebenen Voraussetzungen werden Schlussfolgerungen gezogen.
- Schöpferisches Denken: Erarbeiten von Lösungen aus Erkenntnissen, Gesetzen und bereits Gedachtem.
Jeder bewussten Aneignung eines Lesestoffes müssen Denkprozesse zugrunde liegen
(Spandl 1980: 25).
Lesen
Überfliegendes oder kursorisches Lesen
Für die Literatursuche und die Auswahl von Artikeln und Büchern
eignet sich das überfliegende oder «kursorische» Lesen, das als Vorstufe
für das eigentliche Lesen gesehen werden kann.
Folgende Fragen stellt man sich vor dem überfliegenden Lesen:
-
Soll / muss etwas überhaupt gelesen werden?
-
Worum geht es in dem Werk?
Vorgehen:
-
Lesen von Titel, Erscheinungsjahr, Auflage, Buchklappe, Inhaltsverzeichnis,
Literaturverzeichnis, Vorwort, Abstract, Einleitung,
Zusammenfassung. Eventuell diagonales / senkrechtes Lesen einzelner
Seiten oder Kapitel.
- Senkrechtes Lesen: Der Blick wandert an einer gedachten Mittelachse
einer Textspalte nach unten und erfasst die wichtigsten
Wörter (Verben und Substantive).
- Diagonales Lesen: Erfassen der wichtigsten Zusammenhänge und
Argumentationen in einem Text (zu achten ist besonders auf
Substantive und Verben mit Adjektiven und Adverbien, sowie
auf Signalwörter wie «schliesslich», «erstens», «zweitens», «am
Wichtigsten», «daher», «also» etc.).
Orientierendes Lesen
Das orientierende Lesen ist z.B. bei der kritischen Durchsicht von
Texten und bei der Vorbereitung für eine Diskussion nützlich, wo
man sich in kurzer Zeit Informationen beschaffen möchte.
Fragen:
-
Von welchen Gedanken gehen die AutorInnen aus, welches ist ihr Ansatz?
-
Welche Frage(n) möchten sie beantworten?
-
Welche Vermutung liegt ihrer Argumentation zugrunde?
-
Welche Meinung oder welche theoretischen Ansätze vertreten die AutorInnen?
-
Wie verläuft die Argumentation, ist sie logisch?
-
Welche Fakten legen die AutorInnen vor, um ihre Argumente zu untermauern?
-
Sind die Informationsquellen ausgewogen gewählt?
-
Haben die AutorInnen möglicherweise andere Gründe (persönliche
Betroffenheit, politische Einstellung, Eigeninteresse etc.) für
ihre Haltung?
-
Ist nachvollziehbar, wie die Ergebnisse zustande kamen?
-
Erfolgen Argumentation und Erklärung wirklich aufgrund der
aufgeführten Daten oder doch mehr aufgrund eines nicht deklarierten
Wissens?
Vorgehen:
-
Zügiges Lesen des Textes. (Merke: Ein Abschnitt enthält üblicherweise
eine Hauptidee; dies sollte man auch bei der Formulierung
von eigenen Texten berücksichtigen).
-
Anbringen von Markierungen. Das Erfinden eines eigenen Systems,
das einem liegt, ist von Vorteil.
Wikipedia-Spiel: Aufgabe zum kursorischen Lesen
Gehe auf den
Wikipedia Beitrag über E-Learning und versuche nur durch klicken auf Links herauszufinden,
wer 1920 den Nobelpreis in Literatur erhielt und wofür. Führe dieses Spiel weitere
zwei Mal durch
mit eigenen Beispielen. Probiere auch exotische Themen aus (Kindergarten
⇒ Aluminium)
Tipp: Spiele mit einem Freund, um zu sehen wer schneller ist.
Beispiele für Markierungen:
- Unterstreichungen
Die Stärke der Unterstreichung hebt die Wichtigkeit hervor.
-
Überstreichungen bzw. farbliche Markierung
Markieren der wichtigen Textstellen mit Leucht- oder Farbstift.
-
Überlagernde Begrenzungen / Begriffe
Zentrale Textstellen werden grosszügig angefärbt oder mit Titeln
zusammengefasst. Kausale und zeitliche Zusammenhänge werden
mittels Linien oder Pfeilen gekennzeichnet.
-
Randnotizen
Am Textrand werden wichtige Begriffe oder Zusammenhänge
aufgeführt. Ein System von Randmarkierungen hebt die markanten
Textstellen und übergeordneten Zusammenhänge hervor.
Nebenstehende Beispiele sind zur Illustration gedacht und müssen
nicht in der Form übernommen werden. Eigene Randmarkierungssysteme
bewähren sich in der Regel eher (ausser man
arbeitet in Teams, welche gemeinsam an einem Text arbeiten).
Einige Beispiele für Randmarkierungen:
Selektives Lesen
Beim selektiven Lesen liest man nicht ein ganzes Buch oder einen ganzen Artikel, sondern
nur interessante Kapitel.
Fragen:
-
Welche Informationen, Daten, Aussagen im Text sind (für mich und mein Thema) wichtig?
-
Welche Informationen, Daten oder Aussagen muss ich für meine Absichten herausfiltern
(z.B. für einen Vortrag, eine Arbeit, eine Textzusammenfassung)?
-
Welche Textpartien kann ich beim Nachfassen übergehen?
-
Was muss ich unter Umständen lernen?
Vorgehen:
-
Ein bereits gelesener und durchgearbeiteter (markierter) Text wird
für die weitere Verwendung aufgearbeitet, d.h. ein zweites,
drittes etc. Mal («selektiv») durchgelesen
-
Selektion sehr wichtiger, wichtiger und unwichtiger Textstellen
-
Darstellen und Strukturieren von Gedankenzusammenhängen
(logische Verknüpfungen herstellen, Zusammenfassung schreiben
oder Mind Maps erstellen)
-
bestimmte Textstellen markieren, die möglicherweise intensiv
bearbeitet / gelernt werden müssen
-
anfertigen von Exzerpten (siehe unten)
Lernendes Lesen
Das lernende Lesen eignet sich v.a. für Prüfungsvorbereitungen.
Frage:
-
Wie kann man sich den Inhalt des Textes aneignen, so dass er zu
einem späteren Zeitpunkt wieder abrufbar ist?
Vorgehen:
-
Bewusster Entscheid, einen Text lernen zu wollen!
-
Wichtiges immer nachher rekapitulieren und überdenken
-
Textinhalt erfassen und durchdringen, nicht auswendig lernen
Man muss einen Text lernen wollen, um ihn im
Gedächtnis behalten zu können.
Exzerpte
Exzerpieren bedeutet, relevante Informationen aus einem Text herausziehen.
Exzerpieren ist nicht nur für das wissenschaftliche Arbeiten,
sondern v.a. auch für das Lernen wichtig, da nie der Prüfungsstoff
in seinem umfassenden Umfang gelernt werden kann und man
sich auf das Wesentliche konzentrieren muss.
Strukturexzerpte
Strukturexzerpte eignen sich, um ein logisches Gefüge in einen zu
verstehenden Text zu bringen. Wichtige Gedanken im Text werden
auf einem (grossen) Blatt festgehalten und mit Verbindungslinien
und Pfeilen zueinander in Beziehung gesetzt. Für eine ausführliche
Behandlung von Themen oder bei Gruppendiskussionen empfiehlt
sich die Verwendung einer Pin-Wand oder einer grossen Papierfolie
bis zu mehreren Metern Länge (Zielke 1988: 185).
Karteien
Informationen zu bestimmten Themen werden auf Karteikärtchen
geschrieben und nach Stichwörtern, Schlagwörtern oder Sachgebieten
geordnet. Dabei ist zu beachten, dass alle Informationen über
die Quellen festgehalten werden. Dieses Verfahren eignet sich besonders
für Werke, die nur relativ kurze Zeit ausgeliehen werden
können. Es werden hierzu auch verschiedene Computerprogramme
angeboten, die sich für eine Kartei eignen, z.B. FileMaker, EndNote,
Citavi etc.
Zu beachten ist, dass dieses Verfahren sehr zeitaufwändig ist und
deshalb vorwiegend bei grösseren Arbeiten angewendet wird. Ein
Karteiensystem ist nur sinnvoll, wenn es konsequent und vollständig
nachgeführt wird.
Gut organisierte Karteien tragen dazu bei, dass einmal Gesichtetes
wieder verfügbar wird.
Beziehungsgefüge
Das Herstellen von Beziehungsgefügen (vgl. Abb. 8) eignet sich besonders
für den Vergleich ähnlich aufgebauter Werke, oder wenn der
wissenschaftlichen Analyse ein umfassendes Werk zugrunde liegt. Je
nach dem werden die Kapitel oder Hauptthemen hinter- oder untereinander
aufgelistet. Die Informationen eines jeden Buches werden
(mit Quellenverweis!) stichwortartig in die Tabelle übertragen.
Bei der Bearbeitung ist auf diese Weise sofort erkennbar, wer was
wo zu welchem Thema geschrieben hat
(Zielke 1988: 183).
Mit Vorteil gewöhnt man sich an, Quellenangaben mit Seitenverweisen bei jedem Herausschreiben
von Informationen festzuhalten, sonst läuft man Gefahr, sie später wieder
suchen zu müssen.
Abb. 8: Beispiel eines Beziehungsgefüges